Rumänien (Moldavien) ~ Tag 11


Di. 22. Mai 2012

 

Am heutigen Tag unserer Rundflugs lag die halbe Zeit unseres Trips hinter uns. Wir hatten somit Bergfest und damit den Punkt erreicht, an dem die Zeit sich enorm beschleunigt. Auch wenn es uns an dem Tag noch nicht so vor kam.
Nach unserem ausgiebigen
Frühstück im besagten jugendstiligen Postâvarul, machten wir Dolly klar und dümpelten durch die Ostkarpaten, zum ersten und einzigen Mal mit offenem Verdeck in Richtung Bicaz. Nicht ohne uns auf dem Weg dahin den Lacu Roşu anzusehen, den Roten See, in dem hunderte von Baumstümpfen aus dem Wasser ragen sollten. Bäume, die beim Anstauen des Sees abstarben und seitdem wie Zahnstocher aus dem angeblich rötlichen Wasser ragen.
Der Sage nach, soll der See die rote Farbe auf Grund einer blutigen Katastrophe oder so etwas in der Art bekommen haben. Was aber wohl nur bei diesem Ereignis der Fall gewesen sein wird, ähnlich wie beim Robbenmetzeln in Kanada. Wenn der See sich heute überhaupt mal rot färben sollte, ist wohl die folgende Annahme realer. Nämlich, dass die, möglicherweise bei Regenfällen von den Bergen in den Zahnstocher-Teich geschwemmte rötliche Erde für die Färbung sorgt. Wenn sie denn geschwemmt wird, was aber trotz des Regens der letzten Tage nicht der Fall gewesen sein dürfte. Möglicherweise kommt diese rote Erde ja hier auch gar nicht vor. Dabei hatte ich genau dieses Phänomen schon in Marokko im Ourika Valley gesehen, als der Regen das Wasser der Ourika durch die mitgeführte Erde tatsächlich langsam rot färbte. Ein Bild, dass ich nicht so schnell vergessen werde.
Somit sah der See aus wie jeder andere, aber da er nun mal am Weg nach Bicaz lag, war immerhin kein Abstecher erforderlich. Unser Weg schlängelte sich dann auch bald durch die Bicaz Gorges, einer imposanten Schlucht mit einem Engpass an der höchsten Stelle. Das Nadelöhr ließ jeweils nur ein Auto passieren oder auch das Fuhrwerk, hochbeladen mit Heu, das wir noch kurz vor dem Engpass überholten.
Dieses Naturschauspiel wird aus bis zu 300 m hohen Kalkstein Felsen gebildet, die teilweise über der Straße hängen und somit hin und wieder auch für Steinschlag gut sind. Kleinere, frisch gefallene Brocken waren immer mal wieder auf der Straße zu sehen. Aua, die hätten locker das Rolldach unserer Dolly durchschlagen, wenn [...] Aber „Wem die Stunde schlägt“ war nicht unser Thema. Uns erwartete etwas anderes, das uns im Nachhinein betrachtet, einige Vorboten für Kommendes schickte.

Etliche Kilometer zuvor hatten wir in dem hübschen Ort Miercurea-Ciuc einen Stopp eingelegt und parkten zur Freude aller gegenüber einem Lokal. Während wir uns in die Stühle auf der Terrasse lümmelten, blieb Dollys Licht brennen. Und als es dann weiter gehen sollte, gab der Anlasser nur noch das bekannte Geräusch von sich, das er immer dann drauf hat, wenn der Strom nicht mehr reicht. Aber wieso sollten 20 Minuten ausreichen, Dollys neue 12 Volt Batterie leer zu saugen? Selbst bei der früheren 6 Volt Bestückung wäre das kaum möglich gewesen. Dennoch war es so. Anschieben war also angesagt. Bei der Ente ein leichtes, das natürlich vom Interesse aller begleitet wurde. Auf diese Weise gab Dolly schnell wieder ihre beruhigenden Lebenszeichen von sich.
Noch gingen wir davon aus, dass die Lichtmaschine die Batterie schnell wieder geladen haben würde, zumal wir erst einmal, trotz Licht-fahr-Gebot, ohne Licht fuhren. Das klappte auch vorzüglich, so dass wir den Nicht-Roten See und die Schluchten problemlos hinter uns ließen und das Städtchen Tasca erreichten. Hier begann Dolly zu stottern, offensichtlich ein Zeichen, dass wir ihr Fütterungsintervall wohl zu sehr ausgedehnt hatten. Aber für so einen Fall ~ den wir eigentlich vermeiden wollten ~ gab es ja den 5 Liter Reservekanister. Und den boten wir unserer Ente nun an. Gluck, gluck, leer war er. Aber Dolly stotterte weiter unzufrieden vor sich hin. Als Hartmut sich dann als Enten-Vater hinters Steuer hockte, ihr gut zuredete, und wir die beiden erneut anschoben, ging es mit Känguru-Benzin ca. 300 Meter bis um die nächste Biegung, wo beide unserem Sichtfeld entschwanden.
Mhhmm, mit Fragezeichen in den Augen überlegten die Zurückgebliebenen, wie weit will der Typ denn ohne uns noch fahren? Und: Kommt er gleich vielleicht und hoffentlich zurück? Kam er aber nicht und so dackelten wir hinterher und fanden ihn direkt hinter der Biegung, wo Dolly endgültig gestreikt hatte.
Um nicht noch ganz andere Probleme mit dem durchrauschenden Verkehr zu bekommen, schoben wir sie erst mal auf die andere Straßenseite. Dort wollten wir Dolly gründlich unter die züchtige Haube schauen. Alles Schauen & Fummeln dreier doch eher theoretischer Enten-Fachleute brachte jedoch nichts. Und so begann der Himmel wegen unseres Unvermögens wieder zu weinen.
Aaaaber, in dem Moment gesellte sich jemand zu uns, den wir nach einer Werkstatt zu fragen versuchten. Ein Spanier, den es hierher verschlagen hatte, der zwar Rumänisch sprach aber keinen Fatz Englisch. Und Torstens und mein VHS-Spanisch langte ebenfalls vorne und hinten nicht. Dennoch begriff er schnell, dass wir eine Panne hatten, hatte aber ~ wie wir ~ ansonsten auch keinen blassen Dunst. Immerhin wusste er, dass sich die nächste Werkstatt in Bicaz befindet, und dass sein Nachbar von gegenüber dort als Autoschlosser seine Brötchen verdient. Ein Hoffnungsschimmer, denn kurzerhand holte er ihn dazu. Ein bisschen oder auch mehr Glück gehört halt auch bei einer Panne immer dazu.
Dann empfahl er uns, Dolly unter ein Dach zu schieben, wo unser Mechaniker im Trockenen werkeln konnte, und wir schnell feststellten, dass hier ein Fachmann auch ohne Computer & Co zu schrauben vermochte. Er hatte allerdings noch nie einen 2CV unter den Fingern gehabt, so dass es im Speziellen dann doch haperte. Was letztlich dazu führte, dass er
waaahrscheinlichDollys Zündspule vernichtete, als er sie gekonnt auseinander baute.
Eine klare Flüssigkeit verschwand unwiederbringbar im lockeren Erdreich, wohl ein spezielles Zündspulen-Öl. Es kann aber natürlich auch sein, dass sie schon vorher wegen Überforderung hin war. Jedenfalls ließ sich das später vermuten.
Das Wichtigste aber, er sprach ein wenig Englisch, so dass er uns nach einer Weile verständlich machen konnte, dass es kein mechanisches Problem sei, sondern ein elektrisches. Und so rief er einen Auto-Elektriker Kumpel an, der dann auch schon bald mit unter die Haube kroch, während wir uns der Hoffnung hingaben, dass es bei so einem einfach konstruierten Auto doch mit dem Teufel zugehen müsste, wenn sich der Fehler jetzt nicht schnell finden ließe.
Begeistert darüber, wie die beiden Hand in Hand werkelten und auch irgendwie getröstet, warteten wir nun darauf, in Bälde weiterfahren zu können.
Aber es ging mit dem Teufel, Dracula oder anderen finsteren Mächten zu, denn auch gemeinsam konnten sie bis 20 Uhr ~ nach 3 Stunden Fummelei ~ Dolly nicht überreden, ihren Dienst wieder aufzunehmen. Kein Anlasser-Geräusch, kein Gar-Nix. Sie sagte keinen Pieps.
Was also tun? Wir hatten zwar unseren Notfallplan, der vorsah, dass wir im Fall des Falles die Ente stehen lassen, und mit Zug und / oder Bus nach Haus fahren würden, um Dolly dann mit einem Trawler heimzubringen. Aber noch schien die Zeit für diesen Plan nicht gekommen zu sein. Also nahmen wir erst einmal das Angebot der beiden an, uns am anderen Morgen um 8 Uhr wieder abzuholen und in ihre Werkstatt zu schleppen. Und da wir ja nun flugunfähig waren, brachten sie uns zur ca. 4 Kilometer entfernten Pension Alexandra ~ der einzigen Übernachtungsmöglichkeit im kleinen Tasca.
Eine prima Herberge, wie sich herausstellte, mit allem, was wir begehrten: Ein Doppel- und ein Einzelzimmer, einheimisches zum Abendbrot, morgens Frühstück und alle Ingredenzien für unser, aus besagtem Anlass besonders wohlverdientes Ritual. Und um Hartmuts Enten-Schock noch zusätzlich ein wenig zu mildern, überließen wir ihm das Einzelzimmer ohne zu knobeln.

 

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